MaxFun Sports Laufsport Magazin

Die fehlende Mitfreude

20.04.2010, 12:00:00
Foto:
MaxFun.cc/K. Köb

Freuen Sie sich mit, wenn ein Freund oder guter Bekannter erfolgreich ist, beim Marathon eine persönliche Bestzeit läuft oder auch generell von Erfolg zu Erfolg eilt?

Ärgert es Sie, wenn Sie zwar ebenfalls erfolgreich sind, jemand anderer allerdings genauso oder vielleicht noch mehr? "Es liegt etwas seltsam Langweiliges im Glück anderer Menschen"! Das hatte schon der Londoner Schriftsteller Aldous Huxley festgestellt. Und ähnlich meinte auch Jean-Jaques Rousseau, dass der Mensch sich nur in die Lage derer versetzen könne, die unglücklicher sind als er selbst. Beiden Denkern war also eine eigentümliche Emotionslücke in unserem moralischen Gefühlshaushalt aufgefallen, die im Übrigen auch der modernen Emotionsforschung nicht entgangen ist. Es existiert eine Art Untergruppe moralischer Gefühle, die damit zusammenhängt, wie jemand das Glück oder Unglück anderer Menschen wahrnimmt.

Seien wir einmal ganz ehrlich zu uns selbst: Kennen wir nicht alle solch seltsame Gefühle und schrecken wir uns im Grund nicht davor, wenn wir sie empfinden und darüber nachdenken? Ein Bekannter hat z.B. Monate lang trainiert, sich auf einen wichtigen Lauf vorbereitet, alles läuft gut, dann ist der Tag des Wettkampfes da und er läuft persönliche Bestzeit, freut sich und ist zufrieden. Aber wir selbst empfinden eine eigenartige Mischung aus Neid und Arglist. Irgendwo beschleichen uns zwiespältige Gefühle. Diese Ambivalenz kann nur dann etwas von ihrer Beunruhigung verlieren, wenn wir ein wenig ihre Ursachen beleuchten. Es steckt nämlich ein allgemeines, schlechterdings existenzielles Grundprinzip dahinter, das dafür verantwortlich ist, dass Negatives in unserer Psyche eine stärkere Resonanz auslöst als Positives.

Unangenehme Gefühle lösen überdies heftigere körperliche Reaktionen aus, weil man den Drang verspürt, eingreifen zu müssen, um etwas Gefährliches unter Umständen abwenden zu können. Eine positive Empfindung dagegen lässt in uns eher das Empfinden entstehen, nichts tun zu müssen. Im Grunde ist dieses Ungleichgewicht aber eine rein evolutionäre Angelegenheit. Lebewesen, die in Urzeiten Gefahren schnell realisierten und darauf reagierten, hatten notwendigerweise einen Überlebensvorteil, warum die Erhaltung ihrer Art gesichert war. Und genau dieses Muster spiegelt sich in unserem heutigen altruistischen Verhalten wider. Unser Einfühlungsvermögen ist im Grunde nichts anderes als ein Notfallprogramm. Wer leidet, dem wollen wir eher helfen, als jemandem, dem es ohnehin gut geht. Das Mitleid ist infolgedessen eine biologisch notwendige Anpassung, die Mitfreude hingegen nicht.

Die allumfassende, reine Mitfreude gibt es daher nicht, so scheint es. Dies braucht uns aber nicht unbedingt zu beunruhigen, so lange sich das Verhältnis nicht extrem in die Richtung der Schadenfreude neigt. Wir haben nämlich eine andere Möglichkeit, des Ausgleichs und das ist die Bewunderung. Sie ist in der Lage, den Graben zwischen Mitleid und Mitfreude zu entschärfen. Wir alle können von Zeit zu Zeit hervorragende Leistungen und Erfolge anderer Menschen anerkennen und bewundern, ohne Neid zu empfinden. Einen Sportler, der überragende Leistungen erbringt, schätzen wir wesentlich leichter, ohne dass wir ein Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit verspüren. Wenn wir uns z.B. ernsthaft vorstellen, dass es mittlerweile Läufer gibt, die die Marathondistanz in knapp über 2 Stunden hinter sich bringen, dann erzeugt diese Tatsache Empfindungen, die normalerweise der Begegnung mit Wundern oder der Transzendenz vorbehalten sind. Somit zeigt sich wieder einmal, wofür sportliches Tun alles gut ist und was wir daraus für die Entwicklung unserer Persönlichkeit nutzen können.

Dr. Günter Heidinger

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