MaxFun Sports Laufsport Magazin

Aus dem Epizentrum der Marathonwelt

19.04.2005, 12:00:00
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Der 25. London Marathon: Eindrücke vom unglaublichen Lauf-Event zwischen Greenwich und Big Ben.

Es reißt nicht ab. Die Reihen werden nicht dünner. Lärm-Messgeräte würden wohl gesundheitsgefährdende Dezibelbereiche anzeigen. Ohne Lücke formieren sich die Zuschauer an beiden Seiten der Laufstrecke zu einem Tunnel aus Schreien, Pfiffen, Klatschgeräuschen. Es ist praktisch unmöglich, in diesem aufputschenden Inferno stehen zu bleiben, aufzuhören, auszusteigen. Man hört seinen Atem nicht mehr, nicht den Aufsatz der Schritte auf der Straße, nicht die Schreie im Schmerzwahrnehmungszentrum des eigenen Gehirns. Lediglich die erste Läuferin konnte genau hören, was man ihr zurief, schließlich war es eine Engländerin, die das Renngeschehen bestimmte: „Come on, Paula! You can do it, Paula! Win this race, Paula!”

Und Paula hat gewonnen. 2:17:42 Stunden war ihre Siegerzeit, nur die britische Marathon-Heldin selbst war mit männlichen Tempomachern bereits zweimal schneller gelaufen. „Well done, Paula! We love you, Paula!”

Nicht ganz unbescheiden nennt sich der London Marathon „the greatest race on earth“ oder „the best marathon in the world“. Bei einer Streckenbesichtigung am Vortag des Bewerbes beispielsweise, oder bei der Marathon-Party in „The Brewery“ nach dem Rennen. Den Organisatoren der Marathons von New York, Chicago oder Berlin, die in einem solchen Augenblick zugegen sind, bleibt nur ein freundliches oder vielleicht auch säuerliches Lächeln. Ernsthaft widersprechen können sie nicht.

Es gab einen Weltrekord an Marathonfinishern diesen Sonntag in London. 34.175 erreichten das Ziel nahe des Buckingham Palace. Das „Who is Who“ des Marathonlaufs war unterwegs. Paula Radcliffe lief mit ihren 2:17:42 die schnellste Zeit in einem reinen Frauenrennen, Martin Lel (2:07:26) eine Jahresweltbestleistung. Mehrere Millionen Pfund wurden an Spendengeldern gesammelt. Es ist aber nicht die Masse allein, die am London Marathon fasziniert, wenngleich die Verwendung von 46.000 Metern Absperrgitter die logistische Dimension der Veranstaltung erahnen lässt.

Der Marathon nimmt für ein paar Tage Besitz von London, und London nimmt Besitz von der Marathonwelt. Das „Thistle Tower Hotel“ war in diesen Tagen das Epizentrum der Laufszene. Die besten Läuferinnen und Läufer blicken hier einander beim Frühstücken und Mittagessen auf die Teller - Paul Tergat, Stefano Baldini, Paula Radcliffe, Margaret Okayo, Susan Chepkemei ... Es heißt Selbstvertrauen und Gelassenheit zur Schau zu stellen, keinen Anflug von Unsicherheit aufkommen lassen. Die großen Marathonveranstalter reden über mögliche Kooperationen. Haile Gebrselassie und Joyce Chepchumba witzeln hin und her. Manager und Renndirektoren dealen über Verträge und Antrittsgelder. Ehemalige Laufgrößen und Sieger des London Marathons gehen ein und aus – Ingrid Kristiansen, Rosa Mota, Steve Jones, Abel Anton, Khalid Khannouchi, Antonio Pinto .... Präsent sein, sehen und gesehen werden, mit einem Small Talk für Good Vibrations sorgen, im Geschäft bleiben. Eine Atmosphäre aus Wallstreet & Wochenmarkt füllt die Lobbys und Lokale. Seitenblicke durchziehen in hoher Dichte den Raum. Dazu das nahende Rennen, die Nervosität, die nicht gezeigt werden darf, die Vorbereitungen auf den großen Tag ...

Die Weltklasse und die weltgrößte Marathon-Masse gehen dann wenige hundert Meter östlich des Nullmeridians bei Greenwich ins Rennen. Zwei Kilometer vor dem Ziel ist zu diesem Zeitpunkt noch Ruhe, das Summen eines verkehrsfreien Sonntag Morgens liegt hier über der Stadt. Nur die Hubschrauber in der Entfernung deuten auf das kommende Geschehen hin. Die Getränkestellen mit ihren jeweils 80 Mitarbeitern sind vorbereitet. Die Straße ist abgesperrt, noch ohne Läufer und Zuschauer. Wer wird hier als Führender durchlaufen? Und was für ein Gefühl muss das sein?

Viele Stunden nach den Siegern kamen die Teilnehmer noch immer ins Ziel beim Buckingham Palace. Bis 16:30 Uhr waren die Straßenzüge entlang der Themse und den Houses of Parliament im Zentrum der City für die Läufer gesperrt. London feiert den Marathon. Von Greenwich bis ins Herz der Stadt herrscht Ausnahmezustand. „Es ist schwierig jemanden zu finden, der den London Marathon nicht liebt“, erklärt eine britische Journalistin. „Sogar jene, die sechs Stunden lang nicht mit ihren Autos wegfahren können, lieben den Marathon.“

Wie aus dem Innersten eines großen Eichenfasses tönt der Bass von Nick Bitel, CEO des London Marathons, wenn er unaufgeregt sein Credo erklärt: „Laufen ist ein großartiges Produkt, wir müssen es auch gut präsentieren und verkaufen.“ Der stärkste Eindruck, den der London Marathon hinterlässt, hat jedoch nichts mit Big-Business und gepushtem Event zu tun. Begeisterung und pure Emotion sind das Zentrum der Veranstaltung.

Eine hochprofessionelle Struktur ermöglicht dieses Massen-Event in einer der größten und verkehrsreichsten Städte der Welt. Geld scheint keine Rolle zu spielen, weder für die Ablauforganisation, noch für die Verpflichtung der Top-Athleten. Beim Marathon wurde auch kräftig für die Olympiabewerbung von London für 2012 geworben. Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathons, der zum Jubiläumsrennen in London war: „Der Marathon von London ist eine eigene Kategorie. Man kann sich Anregungen holen, aber kopieren ist unmöglich. Jeder Marathon muss seinen eigenen Weg gehen.“

Zurück an der Strecke, die 5-Stunden-Läufer sind dicht an dicht unterwegs. Die fehlende Energie wird durch unermüdliche Anfeuerungen des Publikums wettgemacht. Eines der Ziele der Gründer des London Marathons war es, vielleicht etwas hochtrabend formuliert, „der Welt zu zeigen, dass, bei entsprechenden Gelegenheiten, die Menschheitsfamilie vereint sein kann.“ Bemerkenswerterweise ist dieser Anspruch gerade im Mutterland der Sportrowdys und Hooligans in die Wirklichkeit umgesetzt worden ist.



Der Bericht wurde vom Veranstalter selbst im Eventmanager von MaxFun.cc eingetragen

VCM Office, Wolfgang Konrad

Link: www.vienna-marathon.com

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