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Vom Dauerläufer zum Speedy!

23.06.2003, 12:00:00
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Das Intervalltraining

Bei den Trainingsmethoden der Ausdauer kann man prinzipiell zwischen der Dauermethode und dem Intervallprinzip unterscheiden. Bei Dauerläufen mit unterschiedlichen Intensitäten liegt eine weitgehend gleichförmigen Belastung vor, während bei der Intervallmethode bewusst eingesetzte Pausen (= Intervalle) mit Belastungsabschnitten wechseln. Diese Tempostrecken werden etwas schneller absolviert als bei einem zügigen Dauerlauf.

Ob Rudolf Harbig, Emil Zatopek oder andere, alle diese Weltrekordler aus früheren Jahrzehnten hatten eines gemeinsam: sie verdanken ihre Erfolge dem Intervalltraining. Den Boden dazu bereitet hatte bereits in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts Prof. Dr. Reindell und Dr. Gerschler. Harbig lief auf der Basis des von Reindell konzipierten Trainings einen 800m Weltrekord, der Jahrzehnte überdauern sollte. Bis zu jenen Tagen bestand das Training der Mittel- und Langstreckenläufer im wesentlichen aus Dauerläufen, Sprints und allgemeinem Konditionstraining. Beim Intervalltraining experimentierte man mit verschiedenen Streckenlängen, unterschiedlich langen Pausen und unterschiedlicher Pausengestaltung (liegen, gehen, traben). Die "tschechische Lokomotive" Emil Zatopek, der einzige Teilnehmer bei Olympischen Spielen (1952 in Helsinki), der innerhalb weniger Tage olympisches Gold über 5.000m, 10.000m und den Marathon (sein erster Marathonstart!) gewinnen konnte, hörte von diesen neuen Erkenntnissen der Trainingslehre. Da es damals im Bereich der Sportwissenschaften kaum abgesicherte Ergebnisse gab, blieb den einzelnen Athleten und Trainern nichts anderes übrig als durch Eigenversuche zum individuell besten Training zu kommen. Zatopek merkte, dass ihm Einheiten wie 10 x 400m mit kurzer Pause gut taten. Ebenso machte er mit 20 x 400m gute Erfahrungen. Scheinbar zog er für sich daraus den Schluss: Je mehr, umso besser. Unter diesem Motto führte er bald 40 x 400 durch, 60 x 400m und sogar einmal 100 x 400m in einer einzigen Trainingseinheit. Allerdings merkte er dazu an: "... da merkte ich, dass es zuviel wurde."

Ab den 40er Jahren kannten alle Weltklasse-Mittelstreckenläufer nur ein größtes Ziel: das Durchbrechen der "magischen" 4-Minuten Barriere über die Meile (= 1609m). Während des Krieges waren die Schweden Andersson und Haegg schon recht knapp daran (4:01,4), doch die Welt hatte in dieser Zeit andere Sorgen. Doch das große Rennen ging nach nach dem Krieg weiter. Wer würde der erste Mensch sein, dem diese Heldentat vergönnt wäre? Mit jedem gescheitertem Versuch und jedem verstrichenen Jahr wurde diese Schallmauer weiter mystifiziert.

Anfang der 50er Jahre kamen vor allem 2 Läufer für diese Leistung in Betracht: der Australier John Landy und der britische Medizinstudent aus Oxford, Roger Bannister. Bannister, bzw. sein aus Österreich kommender "Berater", Franz Stampfl, rechneten: 4:00 auf 1609m bedeutet knapp 60" pro Runde (400m bzw. 440 yards). Das heißt, der Sportler muss in der Lage sein, im Training möglichst viele einzelne Runden in diesem Tempo zurückzulegen, bis dieses Tempo automatisiert sei. Bald war Bannister in der Lage, 10 x 400m in knapp 60“ zu laufen.

Am 6. Mai 1954 war es dann soweit: Bannister, später für diese Tat von der Königin in den Adelsstand erhoben, blieb mit 3:59,4 als erster Läufer unter 4 Minuten. Während der letzten 17 Tage vor diesem Rennen führte Bannister an 7 Tagen intensive Intervalltrainingseinheiten durch, die anderen 10 Tage pausierte er, bzw. ging er etwas bergsteigen.


Kann aus diesen Beispielen aus dem Mittel- und Langstreckenlauf geschlossen werden, dass das Intervalltraining nun für alle Läufer das Geheimnis zur Verbesserung der Schnelligkeit ist?

Die Dosis machts!

Wie bei so vielen Dingen im Leben, die richtige Dosierung ist entscheidend. Die Überlegung kann keinesfalls lauten: Intervalltraining oder Dauerläufe, sondern wieviel Intervalltraining ist wann sinnvoll?

Für manche Marathonläufer kann das Intervalltraining eine Verbesserung der (relativen) Schnelligkeit über 10km bringen und damit auch die Marathonleistung positiv beeinflussen. Andere Läufer mit vielleicht ohnehin schwacher Grundlagenausdauer könnten mit zu intensivem Intervalltraining die leistungsentscheidende Grundlagenausdauer weiter verschlechtern und damit im Marathon "abstürzen". Wer beim Marathon in der Endphase regelmäßig einbricht, braucht also kein Intervalltraining, sondern der sollte seine Ausdauer verbessern.

Was kennzeichnet nun das Intervalltraining und wie und wann wird es richtig durchgeführt?

Man muss zunächst zwei Dinge auseinanderhalten: erstens die "innere Beanspruchung", zweitens die "äußere Belastung". Der ständige Wechsel von Belastung und Entlastung bringt vor allem für den Herzmuskel eine ganz spezifische Beanspruchung mit entsprechender Anpassung. Die großen Blutmengen (Herzminutenvolumina), die das Herz bei diesen hohen Belastungen durch die Blutgefäße pumpen muss, führen zu einer Kräftigung und Vergrößerung des Herzmuskels (gesundes Sportherz).

In der Muskulatur kommt es zu einem wiederholten Anstieg der Laktatkonzentration und einem Abbau. Gerade dieser Abbau (Elimination), der auch während Dauerbelastungen möglichst gut funktionieren sollte, ist für ein möglichst hohes Laktatgleichgewicht und damit einer guten anaeroben Schwelle wesentlich. Die Laktatelimination wird dadurch wirkungsvoll trainiert, indem man seinem Körper durch entsprechende Pausen die Möglichkeit dazu gibt. Diese physiologischen Wirkungen kennzeichnen die "innere Beanspruchung", die durch das Intervalltraining geschaffen wird.

Ganz unabhängig von Laktatkonzentration, Herzfrequenz und anderer Parameter: wer 10km in oder unter 40 Minuten laufen will, kann natürlich nicht nur in einem Tempo von 5:00/km oder langsamer trainieren. Das angestrebte Wettkampftempo muss auch vom spezifischen Bewegungsablauf her geschult werden. Wer im Wettkampf schnell laufen will, muss das auch im Training (manchmal) tun. Der Laufstil und die Belastung der Muskulatur und des passiven Bewegungsapparates sind abhängig von der Laufgeschwindigkeit. Sie können nur dann im Wettkampf ihr Tempo möglichst ökonomisch laufen, wenn sie in diesem Tempobereich trainiert haben. Das bedeutet natürlich keineswegs, dass sie immer das Wettkampftempo trainieren sollten. Vielmehr sollte dieses intensive Training nur die Würze ihres Trainings darstellen. Für den Langstreckenläufer muss natürlich der größte Teil des Trainingsumfanges in Form von leichten und mittleren Dauerläufen absolviert werden. Zuviel Würze macht das Ganze ungenießbar, bzw. ist der Leistungsabsturz programmiert. So mancher Läufer hat sich schon über vermeintliche Fortschritte im Training gefreut, weil die 10 x 1000m im Durchschnitt drei Sekunden schneller gegangen sind als in der Woche davor und wurde dann im Wettkampf bitter enttäuscht. Ein großer Teil der Verbesserung ist lediglich darauf zurückzuführen, dass der Körper lernt, mit höheren Laktatwerten umzugehen. Das hilft bei kurzen Strecken bis vielleicht 5km, bei allen längeren Distanzen ist aber ein weitgehendes Laktatgleichgewicht erforderlich.

Mit Dauerläufen alleine können Sie das Wettkampftempo für Distanzen bis 10km nur teilweise erarbeiten. Wenn Sie im Wettkampf 10km mit höchstem Einsatz in 40 Minuten laufen können, so wären im Training schnelle- oder Tempodauerläufe von 4 - 8km in diesem Tempo möglich und sinnvoll. Irgendwann werden sie dann dazu übergehen, diesen Dauerlauf zu teilen, damit sie die einzelnen Abschnitte noch schneller laufen können. Beim unstrukturierten Fahrtspiel wechseln sie zügige Abschnitte nach Lust und Laune mit Trabpausen ab. Mit Minutenläufen (z.B. 3´ schnell, 3´ langsam, usw.) bringen sie bereits System in ihre Intervallmethode. Mit „extensiven Tempoläufen“ mit einer Länge von je 800m bis 3000m und Pausen, die jeweils halb so lange bis gleich lange wie die vorangegangene Belastung dauern, kann jeder Läufer sehr wirkungsvoll sein Wettkampftempo erarbeiten und die anaerobe Schwelle verbessern. Deshalb fehlt im Training von guten 10.000m Läufern nie der richtige Schuss Intervalltraining.

Ganz wesentlich ist aber die richtige Intensität dieser Tempoläufe. Von stoffwechselseitiger Betrachtung ausgehend soll der Organismus durch wiederholte (leichte) Übersäuerung lernen mit relativ hohen Laktatwerten umzugehen (Laktattoleranz). Bei einer Laktatkonzentration von ungefähr 4 mmol liegt die anaerobe Schwelle. Ein guter Richtwert ohne Laktatbestimmung ist jenes Tempo, dass sie 30 - 40 Minuten gerade noch gleichmäßig durchhalten können. Genaue Ergebnisse liefert ein Laktat-Stufentest.

Bis in die Nähe der anaeroben Schwelle können sie Dauerläufe einsetzen. Längere wiederholte Übersäuerungen über 7 mmol können die sogenannten Mitochondrienmembranen schädigen und damit die Sauerstoffaufnahme beeinträchtigen. Das würde bedeuten, dass eventuell eine kleine Verbesserung im intensiven Bereich zumindest längerfristig eine Verschlechterung im Bereich der Grundlagenausdauer bewirken kann. Gerade diese Grundlagenausdauer ist aber für jeden Langstreckenläufer die wichtigste Leistungskomponente.

Deshalb sollte das Intervalltraining für die genannten Disziplinen zu "milden Azidosen" (= leichte Übersäuerung) zwischen 4 und 6/7 mmol führen. In diesem Bereich liegt auch meistens ein 10km Wettkampf. Da es bei fortdauernder Belastung in diesem Tempobereich zu einem Anstieg des Laktats kommt (Akkumulation), sind Dauerbelastungen im Bereich der anaeroben Schwelle vor allem bei instabiler Grundlagenausdauer vorsichtig einzusetzen. Da aber die Intervallbelastungen in der Nähe des angepeilten Wettkampftempos liegen sollten, sind Tempostrecken unter 400m auch bei hoher Wiederholungszahl nur zur Verbesserung der (relativen) Schnelligkeit für Langstreckenläufer geeignet.

Daraus folgt, dass die ideale Länge der Tempostrecken beim Intervalltraining für Langstreckenläufer bei 400m bis 3.000m liegt. Die Wiederholungszahl richtet sich nach der Anforderung, dass pro Trainingseinheit ca. die Hälfte bis gleiche Distanz wie die Hauptwettkampfstrecke zurückgelegt werden sollte. Die Pausenlänge sollte bei diesen extensiven Tempoläufen die halbe bis ganze Zeitdauer des vorangegangenen Belastungsabschnittes betragen.

Dadurch ergeben sich z.B. folgende Programme für 10.000m Läufer bzw. für die üblichen

15 - 20 x 400m, 1 - 2 Minuten Intervallpause
12 x 500m, 1 - 2’ I
10 x 800m, 1:30 - 3’ I
6 - 10 x 1000m, 1:30 - 4’ I
3 - 5 x 2000m, 3’ - 5’ I
2 - 3 x 3000m, 4 - 6’ I


Bei den kürzeren Tempoläufen mit hoher Wiederholungszahl empfiehlt sich wegen der zunehmenden Laktatakkumulation eine Serienpause einzulegen, d.h. statt 20 x 400m in einem Stück 2 x 10 x 400m mit 6 - 10 Minuten Pause nach den ersten 10 Läufen.

Der wichtigste Punkt ist sicherlich das richtige Lauftempo. Der häufigste Fehler, den Langstreckenläufer beim Intervalltraining machen, ist ein zu hohes Lauftempo, das mitunter mit der Wettkampfgeschwindigkeit nicht mehr viel zu tun hat. Läufer mit guter relativer Schnelligkeit trainieren häufig in zu hohen Intensitätsbereichen, was zwar einige Wochen gut geht, dann aber unweigerlich zu Leistungseinbrüchen führt. Mittelstreckenläufer (800m/1500m) müssen im Training der Vorwettkampfsaison beim Intervalltraining natürlich manchmal auch an die Grenze gehen, während das bei Langstreckenläufern sicher der häufigste Trainingsfehler ist. Ein überehrgeiziges, zu intensives Intervalltraining kann den Marathonläufer drei Wochen Training kosten! Ein praxisnaher Richtwert lautet: nach der letzten Wiederholung sollten sie das Gefühl haben, dass noch zwei Wiederholungen möglich wären, also aufhören, wenn es am Schönsten ist!

Das Training in sehr hohen Intensitätsbereichen (beim Langstreckenläufer über ca. 7 mmol Laktat) stellt ein Training der Belastungswiderstandfähigkeit dar, d.h. das Umgehen mit hohen Laktatwerten, ohne eigentlich wirklich besser zu werden. Kurzfristig wird dadurch eine Leistungssteigerung vorgegaukelt.

Wie bei den anderen Trainingsformen muss die Belastung so gewählt werden, dass einerseits der Trainingsreiz eine trainingswirksame Belastung darstellt, andererseits die Anpassungskapazität nicht überfordert wird. Praktisch ist das dadurch möglich, dass beim Intervalltraining bis zum (Haupt-) Wettkampf eine kontinuierliche schrittweise Steigerung der Belastung erfolgt. Diese Belastungssteigerung kann in mehrerer Hinsicht erfolgen:

Erhöhung der Wiederholungszahl
Verkürzung der Pausen
Verlängerung der Tempostrecken bei gleich bleibendem Tempo
Erhöhung des Lauftempos


Beim Langstreckenläufer (abgesehen vom Marathon) sollte die Leitlinie zum Hauptwettkampf immer sein: vom Extensiven zum Intensiven, d.h. zuerst schnelle Dauerläufe und extensive Fahrtspiele (mit relativ langen Tempostrecken), dann sehr extensive Tempoläufe wie 3 x 3000m, dann 4 - 5 x 2000, dann 6 - 12 x 1000m oder vielleicht Pyramiden wie 1000-2000-3000-2000-1000. Kurze Tempostrecken (150m - 400m) sollten auch unter koordinativen Aspekten eingesetzt werden. Den Körper an höhere Geschwindigkeiten gewöhnen, ohne dass es sehr belastend wird. 15 x 400m mit 1 - 2 Minuten Pause im tatsächlich möglichen 5000m Tempo wären so eine Einheit.

Das Intervalltraining ist natürlich immer auch ein gewisses Kraftausdauertraining, wobei diese Komponente vor allem auch im Hobbysportbereich oft eine große Leistungsreserve darstellt.

Bericht von Mag. Wilhelm Lilge - LCC-Wien

Mag. W. Lilge

Link: www.lcc-wien.at

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