MaxFun Sports Laufsport Magazin

Pulsfrequenzen und Laufgefühl

01.01.2000, 12:00:00
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Der Schritt zum Erfolg - Bericht von Dr.Dagmar Rabensteiner.

Pulskontrolle? Dagmar Rabensteiner ist rein nach Gefühl den Marathon zweimal in 2:55 Stunden gelaufen. Rein in die Schuhe und weg, mehr brauchts nicht. Aber die Erfahrung zeigt, dass viele Läufer im Training zu schnell unterwegs sind. Weder für die Laufleistung noch für die Gesundheit ist das positiv. Die Steuerung der Intensität über die Herzfrequenz ist der verlässlichste Weg, sein Training wirksam zu gestalten - selbst wenn man keinen Gedanken an eine Bestzeit verschwendet.

Warum also Pulskontrolle? Bei zunehmender Belastung steigt die Herzfrequenz kontinuierlich an. Es kommt im Training darauf an, die richtige Intensität zu wählen. Ein zu gemütlicher Lauf hätte nur sehr geringe oder gar keine Wirkung. Wer dauernd zu intensiv trainiert, riskiert Erschöpfung und Folgeschäden und kann auch seine Ausdauerleistung nicht verbessern. Die Geschwindigkeit allein sagt noch nichts darüber aus, wie fordernd ein Trainingslauf ist.

Dagmar Rabensteiner absolviert ihre langen Dauerläufe mit einem Tempo von ca. 13,5 km/h (4:30 Minuten pro Kilometer, Herzfrequenz 127 - 135). Ein anderer hingegen kann 13,5 km/h keine fünf Minuten durchhalten, so sehr strengt ihn das an. Männliche Spitzenathleten schaffen es problemlos, mit 16 km/h durch die Gegend zu laufen, ohne sich allzu sehr abzumühen. Einige Weltklasseläufer laufen einen Marathon mit etwa 20 km/h - kaum ein Hobbyläufer könnte auch nur einen Kilometer weit dieses Tempo halten. Deshalb sagt die Laufgeschwindigkeit nichts über die körperliche Belastung aus. Es ist die Pulsfrequenz, die Auskunft über die Intensität eines Laufes gibt, und somit hilft, die richtige und wirksame Dosis fürs Training zu finden.

Laufen mit einem Pulsmessgerät um den Brustkorb ist nur nach einem leistungsdiagnostischen Test wirklich sinnvoll. Pulsfrequenzen sind so individuell wie Kleidergrößen. Allgemeine Durchschnittswerte oder Faustregeln fürs Training („180 minus Lebensalter“) geben daher keine Auskunft, wie erholsam oder belastend ein Training ist. Nur ein persönlicher Leistungstest kann verlässliche Angaben liefern.

Ein solcher standardisierter Test bestimmt exakt das läuferische Leistungsvermögen. Der Spuk dauert gerade 30 Minuten: Kurze Aufwärmphase, dann läuft man los und alle drei Minuten wird die Laufgeschwindigkeit gesteigert: 8 km/h, 10 km/h, 12 km/h - bis es zu anstrengend wird. In der Regel wird der Test auf einem Laufband durchgeführt. Richtig leichtfüßig fühlt man sich nicht gerade auf so einer Schrittmachermaschine. Aber einmal oben bleibt gar nichts anderes übrig als zu laufen. Der Motor gibt das Tempo vor. Genauso gut kann der Test auch im Freien auf einer abgemessenen Strecke oder einer Laufbahn absolviert werden. Dort sind die gelaufenen Intervalle meist länger - und daher auch etwas anders zu interpretieren. Ein Messgerät zeichnet während des Tests permanent die Pulsfrequenzen auf, und zwischen den Laufintervallen werden ein paar Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen abgenommen, um die Konzentration von Laktat darin festzustellen.

Laktat, quasi Zauberwort und Hauptvokabel der Leistungsdiagnostik. Worum geht’s?

Die Herzfrequenz ist das Maß für den Anstrengungsgrad des Herz-Kreislauf-Systems, Laktat ist das Pendant des Stoffwechsels dazu. „Laktat“ ist ein Nebenprodukt der Milchsäure, das im Körper unter Belastung produziert wird. Je höher die Anstrengung, umso mehr ist davon im Blut zu finden. Laktatwerte sind ein verlässlicher Hinweis dafür, ob im Körper hauptsächlich Kohlenhydrate oder hauptsächliche Fette verbrannt werden, und sie zeigen an, wie belastend ein bestimmtes Tempo für jemanden ist. Ebenso steigt in Korrelation mit dem Laktat Herzfrequenz.

Gut, was heißt das? Was lässt sich aus dieser ansteigenden Kurve ablesen? Am wichtigsten: Die geeignete Intensität des Trainings - und zwar für Hobbyläufer und Leistungssportler in gleicher Weise. Im Zentrum stehen immer Läufe unterhalb der sogenannten „aeroben Schwelle“ von 2 mmol/l Laktat. Dieser langsame Bereich ist die Basis für alles: Hier trainiert man die Grundlagenausdauer für Marathonläufe, hier wird der beste gesundheitliche Effekt erzielt und hier nimmt man am effektivsten ab, weil bei diesem Tempo hauptsächlich Fett verbrannt wird. Selbst Spitzenathleten trainieren 90% ihrer Zeit in diesem Bereich - weitaus langsamer als in jedem Rennen.

Drei verschiedene Laufintensitäten lassen sich hier unterscheiden:

Regeneration: Der ruhigste Bereich, bevor die Laktatkurve ansteigt. Mit dieser geringen Belastung sollen kurze Läufe, etwa 30 - 40 Minuten, durchgeführt werden, die zur Erholung nach einem schweren Training oder einem Rennen dienen. Long Jog – „Extensiv I“ oder auch „Dauerlauf I“: Noch bevor die Laktatkurve anzusteigen beginnt. Mit dieser Pulsfrequenz werden die langen Dauerläufe (etwa 1:30 bis 3:00 Stunden) absolviert. Dabei kann man am wirkungsvollsten den Fettstoffwechsel trainieren und sich die Grundlagenausdauer für einen Marathonlauf verschaffen. „Extensiv II“ oder „Dauerlauf II“: Ab dem Anstieg der Laktatleistungskurve bis 2 mmol/l. Auch hier wird noch vorwiegend der Fettstoffwechsel angesprochen. In diesem Tempo sollte man nicht länger als eine Stunde bis etwa 75 Minuten laufen.

Wer keine Wettkampfgedanken hegt braucht diesen Wert von 2 mmol nie zu überschreiten. Kontrolliert wird dies nicht direkt über den Laktatwert - das wäre messtechnisch unmöglich - sondern über die Herzfrequenz. Konkret für das obige Diagramm von Dagmar Rabensteiner: 2 mmol/l Laktat entsprechen etwa 148 Pulsschlägen pro Minute.

In den Bereich zwischen 2 und 4 Laktat braucht man selbst als Wettkampfläufer nur selten vorzustoßen. Diese Intensitäten verbessern spezifisch die Schnelligkeit und die Fähigkeit, höheres Tempo über längere Zeit durchzuhalten.

Zum Beispiel sind gelegentliche Tempoläufe knapp unter oder über dem möglichen Marathonrenntempo (etwa bei 2,5 Laktat) eine hervorragende Vorbereitung auf die 42,195 Kilometer Distanz. Länger als eine Stunde sollte ein solches Training in der Regel aber nicht dauern.

Intensive Läufe mit einem Laktatwert von 4 mmol und darüber sind das Salz in der Suppe und sind nur wenige Minuten lang auszuhalten. Im Marathon werden sie nur zur unmittelbaren Wettkampfvorbereitung eingesetzt. Meist in Form von Intervallen, z.B. 12 mal 1000 Meter mit jeweils drei Minuten Pause dazwischen. Aber Vorsicht: Zu häufige Läufe in derart hohen Laktatbereichen zerstören die Grundlagenausdauer.

Hobbyläufer, die ihr Training an den Pulsfrequenzen orientieren, sollten etwa zweimal jährlich einen solchen Test absolvieren. Leistungssportler werden alle zwei Monate auf diese Weise durchgecheckt. Denn der Trainingszustand ändert sich über die Zeit. Es geht darum, mit weniger Anstrengung schneller zu laufen. Der erwünschte Leistungszuwachs drückt sich in der Kurve als Rechtsverschiebung aus. Das heißt, je weiter sich die Laktatkurve im Diagramm nach rechts zieht, umso schneller kann man laufen ohne durch das Laktat zu übersäuern. Die Herzfrequenz ändert sich bei steigendem Trainingszustand nur mehr unwesentlich um ein paar Schläge nach unten, man läuft auf gleichem Herzfrequenzniveau aber schneller.

Allerdings: Es geht auch ohne Pulsmessung. Wer organisch gesund ist, ohne Wettkampfgedanken läuft, aus Spaß an der Bewegung, zum Gehirn-Durchlüften oder um den eigenen Körper zu spüren: Einfach los! Man braucht sich nicht in Pulsfrequenzen zu verbeißen. Auch unzählige Marathons wurden erfolgreich und schnell gelaufen, ohne dass ein Pulsschlag im Training kontrolliert worden wäre. „Forget your monitors“, sagen afrikanische Athleten gern zu den Europäern – und gewinnen trotzdem überlegen die meisten Läufe.

Praktisch unverzichtbar ist die Steuerung der Trainingsintensität durch Herzfrequenzkontrolle jedoch bei Menschen mit Risikofaktoren oder in der Rehabilitation etwa nach einem Herzinfarkt. Auch jeder Hobbyläufer kann damit sein Training effizienter gestalten - die meisten würden nicht glauben, wie weit persönliche Einschätzung und Testergebnis auseinander klaffen können. Aber Technik ist immer nur ein Aspekt. Das Körpergefühl und die Freude am Laufen sind durch sie nicht zu ersetzen.

Dr.Dagmar Rabensteiner

Link: www.sportmed.co.at

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