MaxFun Sports Laufsport Magazin
Der Vortrag
08.09.2009, 12:00:00
Foto:
Joachim Zimmermann/PIXELIO |
Ein Vortrag sollte stattfinden, den der Erhabene zu halten versprach und alle Zen-Mönche waren nicht nur verpflichtet, sondern begierig darauf die Ausführungen des Meisters zu hören. Als der große Tag gekommen war, fanden sich auch tatsächlich sämtliche Angehörige des Klosters in dem riesigen Saal ein und harrten der Dinge, die da kommen mögen. Stille herrschte und niemand getraute sich auch nur einen Ton von sich zu geben als der Unerreichte leichten Schrittes auf das vorbereitete Podium trat. Man hatte ihn gebeten, über die Weisheit zu sprechen, die Erleuchtung und wie es denn sei, ein solcher Erleuchteter zu sein. Als nun der Meister auf dem Podium an seinem Pult stand, blickte er ruhig und mit völlig klarem Blick über die Mönchsgemeinde, die da gespannt und voller Ehrfurcht wartete. Doch es verging eine Minute um die andere und kein Wort kam über des Meisters Lippen. Er betrachtete nur die Wartenden und nichts in seinem Gesicht regte sich. Dann, nachdem noch ein wenig mehr Zeit vergangen war, wandte er sich wieder ab, stieg von seinem Podest und schritt ohne jemanden anzublicken aus dem Saal und kam nicht mehr wieder. Der entsetzte Vorsteher, der ihm nachgeeilt war, fand den Weisen bereits abreisefertig vor und bat voller Gram und Sorge um Aufklärung, warum denn kein Vortrag stattgefunden habe. Doch selbst auf diese Frage hatte der Erleuchtete nicht mehr als ein Lächeln zu erwidern. Lange hat es gedauert, sehr lange, bis so mancher der Mönche zu ahnen begann, was der Inhalt und die Lehre dieses Vortrags gewesen waren. Jene aber, die verstanden, hatten mehr gelernt als von tausend Worten des Weisesten der Weisen zu lernen gewesen wäre. Dr. Günter Heidinger |