MaxFun Sports Laufsport Magazin

Die Ausdauerpyramide - Teil I -

17.04.2002, 12:00:00
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"Beim langsamen Dauerlauf geniere ich mich fast, weil ich sooo langsam dahin jogge", meint z.B. niemand Geringere als Susanne Pumper, Österreichs Aushängeschild im Langstreckenlauf. Wann ist aber langsam zu langsam und wann ist schnell zu schnell?

Es ist ein Faktum, dass es nicht ein richtiges Trainingstempo oder eine richtige Herzfrequenz gibt. Es herrscht auch weitgehende Übereinstimmung dahingehend, dass eine bestimmte Kombination von langsamen, mittleren und schnellen Dauerläufen die beste Wirkung bringt.

Beim Studieren der einschlägigen Literatur des Ausdauertrainings ist oft gar nicht so einfach, beim Thema „Intensitätsbereiche“ den Überblick zu bewahren. Da gibt’s Begriffe wie GA 1, GA 2, D1, D2, D3, Rekom, EB, SB, KA I, dazu Prozentangaben, einmal in Relation zur maximalen Herzfrequenz (Hf max), dann zur maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2 max), dann zur Herzfrequenz an der 4 mmol Schwelle. Wer soll sich da noch auskennen? Eine mögliche Konsequenz zur Vereinfachung wäre „Laufen ohne Schnaufen“, oder: „so, dass man noch ausschließlich durch die Nase atmen kann“.

Das kanns aber wohl auch nicht sein – zumindest ab einem gewissen Leistungsniveau und wenn das Trainingsziel über „freudvolles fatburnen“ hinausgeht. Wie kann man nun das richtige Dauerlauftempo finden und wie könnte eine praxisorientierte Unterteilung der einzelnen Intensitätsbereiche aussehen? Entscheidend ist sicherlich nicht eine bestimmte Nomenklatur, also „wie man dazu sagt“, aber es sollte klar sein, was gemeint ist und die Intensität sollte stimmen. Die einzelnen Intensitätsbereiche stellen allerdings auch nur die einzelnen „Baumaterialien“ dar, die für ein zu bildendes Gebäude entsprechend zusammengefügt werden müssen. Zu klären ist also auch die Frage, wie viel in den einzelnen Bereichen unter Berücksichtigung von Hauptwettkampfdistanz und Saisonabschnitt trainiert werden sollte.

Warum soll man im Training eigentlich sehr oft langsam laufen, wenn es doch im Wettkampf eigentlich immer darum geht, möglichst schnell zu laufen? Der eigentliche Grund liegt darin, dass es beim Laufen über lange Strecken vor allem um eine bestmögliche Laufökonomie geht. Der Sportler muss also lernen, eine bestimmte Belastungsanforderung – das Laufen einer bestimmten Geschwindigkeit – mit möglichst geringem Aufwand zu bewältigen. „Treibstoff sparen“ ist die Devise, da lange Strecken nur in einem Stoffwechselgleichgewicht bewältigt werden können.

Dazu aber ein kleiner Exkurs zur Energiebereitstellung:

Zum „Funktionieren“ braucht der Körper ständig Energie, egal ob Sie laufen, gehen, schlafen oder im Internet surfen. Diese Energie führen Sie aber nicht ständig von außen zu. Der Körper holt sich deshalb den notwendigen Treibstoff aus den verfügbaren Speichern. Genau genommen kann eigentlich nur eine bestimmte Substanz mit dem schwierigen Namen Adenosintriphosphat (einfacher: ATP) in der Muskelzelle direkt als Energie verwertet werden. Der ATP-Vorrat in der Muskulatur reicht aber nur ein paar läppische Sekunden. Wenn der kleine ATP-Speicher leer ist, fallen Sie aber nicht gleich um, weil dann der Körper aus anderen Substanzen dieses ATP wiederaufbaut (resynthetisiert). Für die Ausdauersportler sind zwei Energie-Nachschub-Speicher wichtig: die Fette und die Kohlenhydrate. Wenn Sie gemütlich laufen, beim Lesen und in Ruhe – wenn also der Energieverbrauch pro Zeiteinheit relativ gering ist – dann greift der Körper vor allem auf die Fette zurück. Davon haben wir (fast) alle genug für mehrere Marathons hintereinander, viele hätten sogar gern ein bisserl weniger davon. Vor allem die freien Fettsäuren im Blut stellen die naheliegendste Energiereserve dar. Dieser Fettstoffwechsel ist aber ziemlich kompliziert. Um eine bestimmte Energiemenge aus Fett zu gewinnen, ist ziemlich viel Sauerstoff notwendig. Wenn Sie sich mehr anstrengen, schneller laufen, wenn der Puls eine gewisse Schwelle überschreitet, dann versucht der Körper deshalb einen einfacheren Weg zum Nachfüllen des ATP-Speichers zu finden. Aus diesem Grund greift er bei höherer Intensität zunehmend mehr auf die Kohlenhydrate zurück, die Alternative zu Fett. Diese Kohlenhydrate werden in Muskulatur und Leber als Glykogen gespeichert. Damit geht’s ein bisserl einfacher. Für die gleiche Energiemenge ist nun etwas weniger Sauerstoff notwendig. Doch kein Vorteil ohne Nachteil: die Glykogenspeicher sind leider etwas knapp bemessen. Kein Mensch kann einen ganzen Marathon hauptsächlich unter Verwendung dieser Glykogenspeicher laufen. Wenn Sie sich noch mehr anstrengen, der Puls noch höher steigt, dann können Sie während der Belastung gar nicht mehr so viel Sauerstoff aufnehmen wie Sie eigentlich benötigen. Sie gehen eine Sauerstoffschuld ein, die nicht unendlich groß werden kann. Die – als Stoffwechsel-Endprodukt des Kohlenhydratstoffwechsels anfallende Milchsäure (Laktat) – kann dann nicht mehr so schnell abgebaut werden, wie sie anfällt. Die Übersäuerung von Muskulatur und Blut nimmt immer mehr zu bis schließlich die Leistung mit dieser Intensität nicht mehr länger durchgeführt werden kann. Die Intensität, wo die Sauerstoffaufnahme mit dem Verbrauch gerade noch Schritt halten, wird anaerobe Schwelle genannt. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Intensität bei einer Laktatkonzentration von ca. 4 mmol liegt. Dies entspricht ungefähr einem Tempo, das Sie ca. 30 Minuten durchhalten können.

Aber auch wenn Sie gar keinen Marathon vorhaben: eine wesentliche Aufgabe des Ausdauertrainings besteht darin, dass der Sportler auch noch bei relativ hoher Belastung immer noch vor allem auf die Fette zurückgreift und nicht so sehr auf die knappen Kohlenhydrate. Wer im Training zu oft auf diese Glykogenspeicher zurückgreift, kann gar nicht öfter als dreimal in der Woche effizient trainieren. Das Wiederauffüllen der Glykogenspeicher dauert nämlich selbst bei einer abwechslungsreichen Nudel-Reis-Erdäpfel-Diät seine gewisse Zeit. Jeder Ausdauersportler – unabhängig vom Leistungsniveau – muss also den größten Teil des Trainings als Fettstoffwechseltraining anlegen. „Fatburning“ ist also kein Privileg der „Hüftgold“-Träger, sondern auch Spitzensportler tun es, und zwar sogar meistens. Im Gegensatz nämlich zur spektakulären Sportberichterstattung diverser Massenmedien: Spitzensportler quälen sich nicht bei jedem Training bis zum Umfallen, sondern der absolut größte Teil ist eher gemütliches Grundlagen-Ausdauertraining, bei dem der Fettstoffwechsel trainiert wird. Dieses Training stellt einerseits die Voraussetzung dafür dar, dass die relativ wenigen intensiven Einheiten überhaupt entsprechend wirken können, andererseits stellt das Fettstoffwechseltraining für den Marathon auch einen großen Teil des wettkampfspezifischen Trainings dar, weil beim Marathon ein gut funktionierender Fettstoffwechsel einfach das Wichtigste ist.

Das Grundlagenausdauertraining kann auch als Fundament der Ausdauerpyramide gesehen werden. Wenn Sie die Aufgabe bekommen, eine möglichst hohe Pyramide zu bauen, werden Sie auch einmal mit einem breiten Fundament beginnen. Da tut sich zwar zuerst hinsichtlich Höhe auch nicht viel, aber nur so ist ein stabiler Aufbau möglich. Wenn Sie viele ruhige Dauerläufe machen, werden Sie auch nicht gleich eine Leistungssteigerung merken. Aber im Ausdauersport ist eben Geduld gefragt. Wenn Sie dann einmal ein stabiles Fundament erarbeitet haben, dann können Sie darauf aufbauen.

Die pyramidenförmige Vorstellung des Ausdauertrainings kann in zweierlei Hinsicht als guter Vergleich dienen: einerseits beginnt man mit dem Bau einer Pyramide unten am Fundament und benötigt dafür die meiste Zeit. Andererseits repräsentiert die Struktur der Pyramide die unterschiedliche Anteiligkeit der einzelnen Intensitätsbereiche. Vom ruhigen Grundlagentraining braucht der Läufer am meisten, von den intensiven Einheiten nur recht wenig.

Welcher Energiespeicher vorrangig beansprucht wird, kann man indirekt über die Laktatbestimmung feststellen. Bis zu einer Laktatkonzentration von ca. 2 mmol/l (der sogenannten aeroben Schwelle) überwiegt die Energiebereitstellung durch die Fette, darüber durch die Kohlenhydrate. Es gibt aber praktisch keinen Intensitätsbereich, wo ausschließlich nur ein bestimmter Speicher beansprucht wird. Es gibt kein reines Fettstoffwechseltraining, genauso wenig, wie auch noch bei relativ intensiven Einheiten ein kleiner Teil der Energie aus den Fetten kommt. Je intensiver die Belastung, um so mehr verschieben sich die Relationen zugunsten des Kohlenhydratstoffwechsels. Falsch, oder zumindest zu sehr vereinfacht, ist jedenfalls die Aussage: „Je höher das Tempo, um so mehr Fett wird verbrannt.“ Leider gilt das nämlich genau für Jene nicht, die eigentlich v.a. Fett durch Training abbauen wollen. Je besser das Leistungsniveau ist, umso eher wird das Fett „verbrannt“. Das ist auch der banale Grund, warum die guten Ausdauersportler beim drittenmal Nachholen beim Buffet beneidet werden, weil sie essen können, was sie wollen und doch nicht zunehmen.

Mit einem Laktat-Stufentest (Ergometrie) kann man für jeden Sportler den Zusammenhang zwischen Leistung (z.B. Lauftempo) und Laktatkonzentration angeben. Die Darstellung erfolgt in Form der Laktat-Leistungskurve. Da ergänzend zur Laktatkontrolle auch die jeweilige Herzfrequenz (Puls) erhoben wird, können dann mit der entsprechenden Sachkenntnis und Erfahrung die effizienten Trainingsbereiche, sowohl über die Leistung (Tempo), wie auch über die Herzfrequenz angegeben werden.

Ein langer flacher Verlauf des linken Astes der Laktatleistungskurve deutet auf eine gut entwickelte Grundlagenausdauer hin, bzw. eine gute Ökonomisierung im Bereich des Fettstoffwechsels. Dieses Plateau sollte unterhalb von 2 mmol liegen. Höhere Ausgangswerte oder ein sehr früher, eher geradliniger Anstieg deuten auf eine schwache Grundlagenausdauer hin. Diese relative Schwäche kann auch das Ergebnis eines tendenziell zu intensiv durchgeführten Trainings sein.

Lesen Sie bitte weiter bei Teil II - Die 5 Stufen der Ausdauerpyramide !

Mag. Wilhelm Lilge

Link: www.imsb.at

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