Hat sicher Probleme der gröberen Art, das ist ja nicht normal, und wie der aussieht, so dünn, vor allem im Gesicht, total abgemagert kommt er mir vor, und grau, wie der Tod fast, ob der überhaupt noch am Arbeiten ist, wahrscheinlich hat man ihn gefeuert, rausgeschmissen, weil der immer so müde ist vom vielen Laufen, hat wahrscheinlich nix mehr zusammengebracht im Büro, wird wohl eingeschlafen sein auf seinem Ergonomie-Sessel, weil die haben dort ja alle solche Ergonomie-Sessel, die haben es ja überhaupt in der Firma, aber ihn haben sie jetzt nimmer, weil der rennt ja nur, tagaus, tagein, seine Frau hab ich auch schon lang nicht mehr gesehen, ist ihm wahrscheinlich auch davongerannt, vielleicht rennt er deswegen so viel, weil ihm seine Frau davongerannt ist, sicher ist die ihm davongerannt, und seine Kinder werden ihm auch bald was pfeifen, oder sie haben ihm schon was gepfiffen, sicher sogar, die hat man das letzte Mal vorige Weihnachten gesehen, oder eher vorvorige.

Da hat er noch besser ausgesehen, mehr Farbe im Gesicht, Backen, dickere Backen, aber bei Gott keine dicken Backen, der war ja damals auch schon dünn als wie, der war immer schon dünn, hager möchte man fast meinen, aber jetzt, jetzt ist er spindeldürr, magersüchtig, wahrscheinlich Bulimie, sicher sogar, der ist schwerkrank, schrecklich, wie sich ein Mensch so verändert, wenn er schwerkrank ist, armer Mann, wenn man nur was tun könnt für ihn, aber was kann man schon tun für einen, der sein Essen nicht bei sich behalten will, nix kann man tun, er selber könnt vielleicht was tun, oder auch nicht, der wird bald das Zeitliche segnen. Schau, da rennt er schon wieder, langsam ist der aber nicht, naja, bei dem Gewicht, ein Skelett auf zwei Beinen sozusagen, schau, jetzt wär er beinah ins Auto hineingelaufen, vielleicht spekuliert er mit einem Suizid, sicher sogar, der will sich umbringen.

So oder so ähnlich stellen sich Nichtsportler und bekennende Rückzugs-Weichecken-Erdäpfel uns Läufer vor, alle miteinander vollkommen daneben, getrieben, vor irgendetwas davonlaufend, in letzter Konsequenz gescheitert, in allen Bereichen des Lebens. Liebe gerade eben Erwähnte: Dem ist mit Sicherheit nicht so. Klar gibt es die, die vor ihren Problemen davonlaufen, weil sie sich nicht mit ihnen konfrontieren wollen, weil es einfacher ist, zwei Stunden lang irgendwo im Nirgendwo herumzutraben und irgendwann nur noch sich selbst zu spüren, komplett reduziert auf sein eigenes Ich, fernab von jeglichen anderen Themen. Die gibt es aber auch unter den Alkoholkonsumierenden. Und es wäre schlicht nicht legitim zu behaupten, dass sich alle Genusstrinker ihren Frust wegsaufen. Genauso wenig, wie man nicht alle, die gerne ihrer Arbeit nachgehen, als „Arbeitssüchtige“, die sich immer hinter ihren Akten verschanzen, bezeichnen kann.

Und natürlich ist es schön, bei einem längeren oder intensiveren Läufchen mal wieder auf das reine Sein, auf seine Seele und seine Emotionen reduziert zu sein, und natürlich kann das ein wenig süchtig machen, und natürlich gibt es die „sports addicted runners“, und natürlich verlieren tatsächlich manche aus diesen Gründen ihre Jobs, haben keine sozialen Kontakte mehr außerhalb des Sports. Aber deshalb sind noch lange nicht alle Läufer Davonlaufende, ein verschwindend geringer Anteil ist das, aber auch da kann man getrost sagen, was soll´s, besser seinen Problemen davonlaufen als sie im Drogenrausch zu vergessen. Klar, man darf und soll sich seinen Problemen besser stellen, doch es soll sogar manchen gegeben haben, der dies mit Laufen geschafft hat. Und den Coauch-Potatoes sei geraten, dass sie es selbst mal mit dieser rhythmischen Bewegung ausprobieren sollten, anstatt immer nur herumzueiern und herumzujeiern…in diesem Sinne.

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